WM 2010: Deutschland im Halbfinale


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Argentinien – Deutschland 0:4 (0:1)

Tore: 0:1 Müller (3.), 0:2 Klose (68.), 0:3 Friedrich (74.), 0:4 Klose (89.)

Es ist jetzt einen Tag her und ich bin immer noch fassungslos. Es ist un-fass-bar, dass und auch wie die deutsche Nationalmannschaft diesen WM-Favoriten aus Argentinien nach Hause geschickt hat. Ich hätte mein nicht vorhandenes Haus darauf verwettet, schon vor Beginn dieser WM, dass Deutschland im Viertelfinale gegen Argentinien ausscheidet, mit 0:2, vielleicht mit einem 1:2. Stattdessen haben wir die Südamerikaner deklassiert, vier zu null. Ich wiederhole mich: un-fass-bar.

Deutschland begann gleich mit einem Tor. Schweinsteiger trat einen Freistoß von halblinks, Müller gab ihm noch ein paar Zentimeter Richtungsänderung. Die entscheidenden, um den argentinischen Torwart Romero ins Leere fassen zu lassen. Argentinien war daraufhin sichtlich geschockt, Deutschland sichtlich euphorisiert. Erst gegen Ende der ersten Hälfte erholten sich die Argentinier und kamen dem teilweise unsicheren Neuer nahe. Mit einem soliden 1:0 ging man in die Pause und die Stimmung war unisono: Ja, geht klar, aber das Ding ist noch lange nicht gegessen.

Der Beginn der zweiten Hälfte war geprägt von Ach!s und Oh!s, auf beiden Seiten. Deutschland immer mit den schönen Kombinationen, dem gezielten Passspiel, allerdings auch Schnitzern. Argentinien wurde hauptsächlich dann gefährlich, wenn Messi den Ball an die Füße bekam, der selbst allerdings kaum mehr als einen richtigen Torschuss abgegeben haben dürfte. Die deutsche Abwehr stand aber bombenfest, Mertesacker und Friedrich machten eine gute Figur, auch Lahm war wie gewohnt immer auf seinem Posten.

In der 68. Minute kam dann der Genickbruch für Argentinien. In diesem Moment nicht unverdient, aber auch ein wenig glücklich. Müller, dieser wahnsinnige Müller, lag schon im argentinischen Strafraum auf dem Boden, leitete den Ball aber noch auf Podolski weiter, der ihn bis zur Grundlinie trug und dort auf den freistehenden Klose passte, der das Ding nur noch einschieben musste. Argentinien bäumte sich wie einst England nicht mehr auf, sie ließen die Deutschen das Spiel machen.

Sechs Minuten später lief Schweinsteiger mit dem Ball am Fuß durch geschätzte 20 Argentinier durch bis zur Grundlinie, passte Richtung Tor, wo der Hertha-Absteiger Friedrich stand, der im Stolpern den Ball noch über die Linie drücken konnte. Für das 4:0 schließlich musste sich die Mannschaft kurz vor Schluss gar nicht mehr anstrengen, wie in einem Trainingsspiel passte Podolski auf Özil und der wiederum auf Klose, der vollendete und endlich auch mal wieder einen Jubelsalto zeigte.

Ein Wahnsinn. Es dauerte, bis die Autokorsos durch den Ort fuhren. Wahrscheinlich waren alle erst einmal so positiv geschockt von diesem fantastischem Spiel. Schweinsteiger versteht sich immer besser mit Özil, beide verteilen die Bälle wunderbar. Und Schweinsteiger ist sowieso in der Form seines Lebens. Dazu kam noch, dass die Offensive – Müller, Klose, Podolski – auch immer wieder hinten zu finden waren, wo sie in brenzligen Situationen aushalfen und sich auch mal selbst den Ball abholten. Ein einziger Wermutstropfen: Die gelbe Karte für Müller, der deshalb im Halbfinale gegen Spanien nicht spielberechtigt sein wird.

Das System Löw greift und das System Maradona war eine Luftnummer, das merkte man gestern. Wenn das stimmt, was das Radio mir heute erzählte, dann war diese Niederlage die schlimmste für Maradona, sagt er selbst. Das zeigt, wie überzeugt er von sich und seinen Leuten war, dass er sich gar nicht vorstellen konnte, Deutschland könne gewinnen. Das zeigte sich auch nach dem frühen Führungstor. Diese Verunsicherung, wie man mit diesem Rückstand umgehen soll, hat letztendlich begünstigt, dass Deutschland schnell sein eigenes Spiel gestalten konnte.

Nachdem nun die meisten Titelfavoriten ausgeschieden sind und die deutsche Mannschaft von fünf WM-Spielen drei mit vier Toren gewonnen hat, sage ich jetzt das, was ich vor einer Woche niemals gesagt hätte: Wir werden Weltmeister!