Bei DSDS treten keine ernstzunehmenden Musiker an


Warum bei DSDS keine ernstzunehmenden Musiker auftreten können, hat RTL jüngst wieder gezeigt. Laut einem Bericht des FAZ-Fernsehblogs fehlten bei der Ausstrahlung der letzten DSDS-Recall-Sendungen zwei Kandidaten, die in den Castings noch überzeugen konnten. RTL hat sie einfach „ausradiert“ und sagt dazu nur, redaktionelle Gründe hätten sie gezwungen, diese Bewerber herauszustreichen. Die zweieinhalbstündige Sendezeit hatte wohl nicht ausgereicht.

Peer Schader vom Fernsehblog vermutet die wahren Gründe woanders:

Nun ist es in dieser Staffel offensichtlicher denn je, dass nicht zwangsläufig gute Sänger, sondern vor allem solche Bewerber weitergelassen werden, mit denen sich nachher Woche für Woche Geschichten erzählen lassen. Mag sein, dass [die beiden ausradierten Kandidaten] Havea und Büttner deswegen ausgesiebt wurden. Weil sie noch nie im Knast waren, nicht als Kind einen Defibrilator eingepflanzt bekamen und keine besonders großen Brüste haben.

Wie dem auch sei, die beiden ausradierten Kandidaten wussten bis zur Ausstrahlung der Sendung auch nichts von ihrem Verschwinden. Meike Büttner, eine der beiden Ausradierten, schreibt neben Vermutungen zu ihrem Verschwinden auch folgende bemerkenswerte Sätze in ihr MySpace-Blog:

Joel [Havea] hat inzwischen einen Plattenvertrag ( NACHTRAG: Er hat laut eigenen Angaben keinen Plattenvertrag. Das war bloß ein Gerücht, dennoch gilt:) und wäre er eine Runde weitergekommen, wäre das für die nächsten Jahre nicht mehr möglich gewesen!
Echte Musiker – wie Joel und ich – müssen also an diesem Punkt der Sendung sowieso ausscheiden! Das liegt an den Verträgen, über die ich leider keine Auskünfte geben darf. Wer unter die Top 15 kommt, unterchreibt jedenfalls einen Vertrag, der für ernstzunehmende Musiker den Genickbruch bedeutet.

Das ist doch mal ein interessantes Detail. Dass die Verträge, die angehende „Superstars“ unterschreiben müssen, geheim sind und sicher keine Vogelfreiheit bedeuten, war mir vorher schon klar. Es ist ja auch hinlänglich bekannt, dass RTL den Sängern verbieten kann, bei ProSieben aufzutreten, was ja einst Stefan Raab auf den Plan rief, eine eigene Casting-Show zu veranstalten (SSDSDSSWEMUGABRTLAD). Aber dass die Künstler auf Jahre an einen Plattenvertrag geknebelt werden, der sich im günstigsten Fall nur auszahlt, wenn man die Show gewinnt, finde ich schon skandalös.

Da kann RTL noch so sehr behaupten, jeder der Kandidaten wisse, worauf er sich einließe. Was da im Namen der Unterhaltung mit Menschen angestellt wird, ist untragbar und sollte nicht durch immer höhere Einschaltquote noch unterstützt werden.

Welche Wohltat ist dagegen „Unser Star für Oslo„, die von ARD und ProSieben gemeinsam veranstaltete Casting-Show für den deutschen Beitrag zum Eurovision Song Contest. Da werden Kandidaten nicht bloßgestellt, kommen nicht nur deshalb weiter, weil die Lieblingsschildkröte kürzlich verstorben ist, und bekommen als Belohnung keinen Knebelvertrag, sondern einen europaweit ausgestrahlten Auftritt mit einem (hoffentlich) gewinnbringenden Lied.

So stelle ich mir Unterhaltung vor. Ich möchte nicht über andere Menschen lachen, ich möchte mit ihnen mitfiebern und mich für sie freuen. Ich möchte (und kann) nicht über Urinflecken auf der Hose eines Kandidaten lachen oder wenn jemand, der ganz offensichtlich eine gestörte Selbstwahrnehmung hat, sich vor einem Millionenpublikum lächerlich macht. Und schon gar nicht möchte ich nur für meine kurzweilige Unterhaltung die berufliche wie persönliche Zukunft von jungen Menschen zerstören helfen.