Als Peter nicht nach Hause kam (2)


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Kapitel 2: Wo bleibt Peter?

»Wo Peter heute bloß so lange bleibt?« fragte die Mutter und sah besorgt auf die Uhr. »Gleich wird Vater da sein. Er kann es nicht leiden, wenn Peter unpünktlich zum Essen kommt.«
»Sicher trödelt er mit Klaus vor der Schule herum, und Max ist mit ihm gleich zum Werk gefahren, um Vater abzuholen«, bemerkte Peters ältere Schwester Inge.
»Gerade heute sollte er pünktlich sein, weil wir um zwei Uhr zum Baden fahren wollen.«
»Ach Mutti, es ist doch erst zwanzig Minuten nach Zwölf, er wird sicher gleich da sein.«
Doch als eine Viertelstunde später weder der Vater noch Peter gekommen waren, ließ die Mutter das Essen warmstellen.
»Es wird doch hoffentlich nichts passiert sein?« sagte sie besorgt.
Nach einiger Zeit klingelte das Telefon und die Mutter hob ab.
»Ich komme etwas später«, meldete sich der Vater, »unser Wagen ist weg. Max wartete wie gewöhnlich beim Pförtner, bis es Zeit war, Peter abzuholen, Der Wagen stand schon draußen auf der Straße, etwas unterhalb des Werks, weil gerade kein anderer Platz frei war. Als Max wegfahren wollte war der Wagen nicht mehr da. Ich habe inzwischen die Polizei verständigt und muss noch einige Angaben machen. Ich werde mich beeilen.«
»Mein Gott«, sagte die Mutter erschrocken, »Peter ist auch noch nicht da. Selbst wenn er zu Fuß gegangen wäre, müsste er schon hier sein.«
»Sicher hat er auf Max gewartet und ist erst später losgegangen, als der Wagen so lange nicht kam. Bestimmt wird er bald zu Hause sein. Wartet nicht mit dem Essen auf mich!«
Die Mutter legte auf und wandte sich an Inge.
»Unser Wagen ist weg, sagte Vater soeben.«
»Wieso weg? Gestohlen?« rief Inge.
»Vermutlich. Vater redet gerade mit der Polizei.«
»Da kommt Peter sicher zu Fuß angetippelt.«
»Das meint Vater auch«, antwortete die Mutter und begab sich in die Küche, um dort wegen des Essens Bescheid zu sagen.
Da fuhr auch schon ein Polizeiwagen vor und Vater, Max und ein unauffälliger älterer Herr stiegen aus.
»Vater ist da!« rief Inge, die am Fenster gewartet hatte.
Wenig später trat der Vater ein und stellte den Herrn als Polizeikommissar Ott vor.
»Ist der Junge noch nicht da?« war Vaters erste Frage. »Es ist halb Zwei, da müsste er längst auch zu Fuß hier sein.«
Während die Männer noch wegen des Wagens sprachen, klingelte es an der Tür. Es war Klaus, der mit der Badetasche unterm Arm nach Peter fragte und überrascht hörte, dass sein Freund noch nicht nach Hause gekommen war.
»Er trug mir noch auf, ganz pünktlich zu sein«, sagte er.
Die Eltern blickten sich erschrocken an. Jetzt mischte sich der Kommissar ins Gespräch.
»Wann hast du Peter zuletzt gesprochen?«
»Nach der Schule, bevor ich über die Kreuzung lief. Er ging zum Wagen weiter, der wie immer an der Ecke auf ihn wartete.«
»Der Wagen stand auch heute dort? Hast du das ganz genau gesehen?«
»Ja. Der Wagen stand an der gleichen Stelle wie jeden Tag.«
»Und der Fahrer? Hast du ihn auch gesehen?«
Klaus überlegte einen Augenblick. »Den Fahrer? Nein. Sonst stand Max immer neben dem Wagen oder lehnte an der Mauer und wartete auf Peter, um ihm den Schulranzen abzunehmen. Doch heute war er nicht dort. Es fiel mir eigentlich nicht weiter auf, aber da Sie mich danach fragen, erinnere ich mich, dass ich Max heute nicht gesehen habe.«
»Ist Peter eingestiegen?« mischte sich der Vater ins Gespräch.
»Ja. Ich habe mich auf der anderen Straßenseite noch einmal umgedreht, da kletterte Peter gerade in den Wagen.«
»Und ist dir sonst nichts aufgefallen? Waren noch andere Leute beim Wagen?« wollte der Kommissar wissen.
»Nein, ich habe sonst niemanden gesehen.«
Die Mutter war ganz bleich geworden und sah den Kommissar erschrocken an.
»Heißt das …, glauben Sie, dass ein Fremder den Jungen mitgenommen hat?«
»Ja, das wäre möglich. Das ist der erste Hinweis in der Sache.«
Klaus saß ganz erschrocken da und starrte den Kommissar an.
»Bist du sicher, dass es unser Wagen war?« fragte der Vater. »Er ist nämlich heute, bevor Max zur Schule fahren wollte, gestohlen worden.«
»Ach!« rief Klaus überrascht. »Der Wagen ist gestohlen worden? Dann war es wohl gar nicht Max, der mit Peter wegfuhr?«
»Nein. Max und ich haben um diese Zeit schon mit der Polizei geredet.«
»Da muss man doch sofort etwas unternehmen, um dem Jungen zu helfen!« rief die Mutter aufgeregt.
»Wir können einstweilen nichts anderes tun, als nach dem Auto suchen«, sagte der Kommissar. »Die Fahndung nach dem Dieb läuft bereits. Übrigens scheint meine Annahme zu stimmen.«
»Welche Annahme?« rief die Mutter.
»Bitte rege dich nicht auf«, sagte der Vater. »Es besteht die Möglichkeit, dass der Junge entführt worden ist, um mich zu erpressen.«
»Schrecklich, schrecklich«, rief die Mutter. »Was kann man da unternehmen? Man muss doch sofort etwas tun?!«
»Dazu bin ich ja hier«, bemerkte der Kommissar. »Neben der Suche nach dem Wagen können wir nichts anderes tun als warten, ob sich der Entführer meldet. Ich werde daher ein Tonband an ihr Telefon anschließen, um die Stimme des Erpressers festzuhalten.«
»Die Mutter wandte sich zum Fenster und presste schluchzend das Taschentuch an den Mund. Inge trat zu ihr und fasste ihre Hand.
Klaus hatte seine Badetasche aufgenommen und kraulte dem Boxer Cäsar, Peters Hund, den dicken, braunen Kopf.
»Deine Angaben waren sehr wichtig für uns«, sagte der Kommissar. »Es war der erste praktische Hinweis, doch einstweilen musst du strengstes Stillschweigen über alles bewahren. Es könnte die Fahndung stören, wenn zu früh etwas von der Sache bekannt würde. Die Erpresser –ich nehme an, dass es mehrere sind – könnten nervös werden. Es liegt also auch im Interesse deines Freundes, dass nichts an die Öffentlichkeit dringt. Ich kann mich doch auf dich verlassen?«
»Selbstverständlich«, antwortete Klaus. »Ich werde bestimmt nichts darüber reden.«
»Mit der Schule werde ich selbst alles regeln«, sagte der Vater. »Vielleicht wissen wir morgen schon mehr.«
»Es tut mir leid, dass aus unserem Badeausflug heute nichts geworden ist«, bemerkte die Mutter, die sich wieder gefasst hatte, als sie Klaus zur Tür begleitete.
»Wenn ich helfen kann, rufen Sie bitte an«, sagte Klaus. »Ich bin doch Peters bester Freund!«
»Das ist nett von dir, Klaus, ich werde daran denken, wenn es nötig sein sollte.«
Klaus stieg auf sein Fahrrad, das er neben der Garage abgestellt hatte, und fuhr nachdenklich nach Hause. Wie aufregend das alles war, ein richtiges Abenteuer. Fast beneidete er seinen Freund darum. Ihm konnte das nicht passieren, denn vom Beamtengehalt seines Vaters versprach sich bestimmt kein Erpresser ein großes Lösegeld. Es war doch auch zu etwas gut, wenn man keinen reichen Vater hatte.

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